Folge uns
.

Meinung

Kölner Fan-Boykott gegen RB Leipzig: Jeck, loß Jeck elans!

Der verkündete Boykott eines Teils der effzeh-Fans für das Auswärtsspiel in Leipzig erhitzt die Gemüter. Ein kleiner Blick auf kölsche Grundsätze täte der Diskussion darum sehr gut. Der effzeh.com-Kommentar.

Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images

Schon letztes Jahr boykottierten Teile der Kölner Fans das Auswärtsspiel in Leipzig – so wie in diesem Jahr auch. Und schon damals gab es Diskussion um diese Entscheidung. Der effzeh.com-Kommentar aus dem Vorjahr hat also nicht an Gültigkeit verloren.

Es dauert nur wenige Minuten, da war der Puls schon wieder auf 180. Kaum hatte der „Südkurve Köln e.V.“ verkündet, die Ultragruppierungen und zahlreiche weitere Fanclubs würden auf das Auswärtsspiel in Leipzig verzichten, da rumorte es schon wieder in den Kommentarspalten. Die üblichen Reflexe setzten ein – eingespielt und bestens trainiert in zahlreichen Diskussionen.

Leipzig-Boykott: Die üblichen Reflexe auf beiden Seiten

„Dumm“ und „nutzlos“ sei der Leipzig-Boykott – stattdessen solle man den Leipzigern zeigen, wie es aussieht, wenn ein Traditionsverein mit zahlreichem Anhang den Weg zum bescheiden-bodenständigen Neuling aus Sachsen findet. Andere kritisierten, die Ultras würden sich viel zu wichtig nehmen, man schade damit nur der Mannschaft. Manche sogar empfinden die ballspielende Werbeabteilung eines Brausekonzerns als gar nicht so schlimm, schließlich habe auch der effzeh Sponsoren und der Kommerz sei überall im Fußball. Auf der anderen Seite: Viel Unverständnis für die aufkommende Kritik am Boykott, viel Verteidigungshaltung angesichts der Vorwürfe, viel Wut auf vermeintliche Sofafans, die alles mit sich machen ließen. Wir gegen die – auf beiden Seiten.

>>> Warum wir schon wieder nicht über das Spiel gegen Leipzig berichten

Dabei ist es doch ziemlich einfach: Wer nach Leipzig fahren will, um den effzeh zu unterstützen, der fährt dorthin. Wer sich das Spiel im Stadion anschauen möchte, ohne dabei lautstark anzufeuern oder zu protestieren, der darf dies tun. Wer lieber in Köln bleibt, weil ihm der Gegner nicht passt, bleibt eben in Köln. Schließlich gibt es zahlreiche Gründe, weshalb Menschen ein Auswärtsspiel verpassen: Keine Lust, keine Zeit, kein Geld. Die Oma feiert 80. Geburtstag, die Freundin möchte beim IKEA endlich dieses todschicke Schränkchen kaufen, ein Kumpel zieht von Zollstock-Süd nach Zollstock-Nord um. Alles legitim – wie eben auch die Erkenntnis, dass einige nicht gute Miene zum bösen Spiel machen möchten. Es gibt kein Anrecht auf Auswärtsreisen – wir sind schließlich alles Fans und keine Angestellten des glorreichen 1. FC Köln, unterwegs als Stimmungsdienstleister.

Keine Statisten für einen Brausekonzern

Über Sinn und Effekt eines Boykotts kann man durchaus streiten, diese Diskussion dürfte so alt wie die Thematik an sich sein. Sicher ist, dass niemandem diese Entscheidung leicht fällt. Es ist eine Überlegung, die aus Sicht der Abwesenden ohne Gewinner abläuft: Jedem ist bewusst, dass die Absage auch diejenigen trifft, die nichts dafür können und denen man eigentlich Unterstützung geben möchte. Lautstarke Statisten für einen verhassten Brausekonzern möchte aber auch niemand abgeben. Manchmal muss man in einem solchen Prozess eben einen Tod sterben. Eines aber sollte niemand vergessen: Es ist niemand ein besserer oder schlechterer Fan, weil er das Spiel im Stadion sieht. Oder im eigenen Wohnzimmer. Oder vor dem Radio oder dem Videotext mitfiebert. Oder sogar gar nicht. Manchmal wäre ein Blick ins kölsche Grundgesetz ganz hilfreich: Nicht explizit als eigener Artikel aufgeführt, aber stets mitgedacht steht dort: Jeck, loß Jeck elans!

Mehr aus Meinung

.