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Meinung

Modeste-Hickhack: Alle verlieren beim Spiel mit gezinkten Karten

Die täglich neuen Entwicklungen im Fall Modeste sind ermüdend, wirklich ermüdend. Blamiert haben sich alle Seiten bereits, das Ende ist offen.

Foto: Lukas Schulze/Bongarts/Getty Images

Die täglich neuen Entwicklungen im Fall Modeste sind ermüdend, wirklich ermüdend. Blamiert haben sich alle Seiten bereits, das Ende ist offen.

Ach, es waren schon schöne Bilder, die nach dem Abpfiff des Spiels gegen den 1. FSV Mainz 05 deutschlandweit die Runde machten. Hier die völlig euphorisierten Fans, die nur Sekunden nach dem Schlussakt das Spielfeld stürmten, dort die freudetrunkenen Spieler, die ihr Glück kaum fassen konnten – nach 25 Jahren spielt der 1. FC Köln wieder im Europapokal! Anteil an diesem immer noch unwirklichen Erfolg haben natürlich alle Spieler, Trainer und Betreuer, doch in der Gesamtheit stach einer heraus. Der Franzose Anthony Modeste machte mit seinen 25 Saisontoren dieses phänomenale Ende der Saison erst möglich. Und so kam es nicht von ungefähr, dass die rot-weiße Fangemeinde ihren französischen Star auf Händen trug – dieser konnte seine Emotionen nicht mehr zurückhalten und weinte hemmungslos. In der Mixed Zone betonte Modeste dann seine Liebe zu Stadt, Verein und dessen Fans.

Modeste

Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

Diese Bilder sind jetzt etwas mehr als sechs Wochen her und mittlerweile ist die Liebesbeziehung zwischen Modeste und den Kölner Fans deutlich abgekühlt. Nachdem der Franzose bereits im Sommer 2016 und im darauffolgenden Winter mit einem Wechsel kokettierte, war es dementsprechend keine Überraschung, dass nach dieser Kometen-Saison erneut ein möglicher Transfer die Gazetten bestimmen würde. Die Interessenten jedenfalls standen Schlange, größter Favorit auf eine Verpflichtung von Modeste war lange Zeit der chinesische Erstligist Tianjin Quanjian. Immer mal wieder wurde auch ein europäischer Verein genannt, der sich für die Dienste von Modeste interessieren würde, richtig konkret wurde es dann mit einem dieser Vertreter jedoch nicht.

Modestes Verhalten wirft Fragen auf

Es war jedoch über die gesamte Zeit davon auszugehen, dass Modeste den Verein verlassen würde – ein Großteil der Fanszene schien sich auch schon damit abgefunden zu haben, dass der beste Torjäger der effzeh-Neuzeit fortan “für die Zukunft seiner Familie” sorgen würde. Am 28. Juni nahm die Modeste-Saga dann an Fahrt auf, als der effzeh mitteilte, dass man die Verhandlungen mit Tianjin über einen möglichen Transfer abgebrochen habe. Der Verein schloss kategorisch aus, dass es zu weiteren Verhandlungen kommen würde, wie Jörg Schmadtke damals gegenüber der dpa bestätigte.

Wie sich herausstellen sollte, war dies nicht der einzige zu hinterfragende Punkt in der externen Kommunikation des effzeh, schließlich scheinen die Verhandlungen dann doch weitergegangen zu sein. Doch auch Modeste und insbesondere seine Entourage bekleckerten sich in dieser Zeit nicht mit Ruhm: Die obszönen Forderungen der Mendy-Brüder, fragwürdige Posts in den sozialen Medien und gezielt gestreute Interview-Aussagen (“Ich kann erhobenen Hauptes sagen, dass ich diesen Verein liebe”) sorgten bereits für erstes Stirnrunzeln in der Öffentlichkeit. Beim Trainingsauftakt vor einer Woche wurde Modeste dennoch abgefeiert.

Tianjin, Modeste und der effzeh: Ein Drama in fünf Akten

Dass der Modeste-Clan dabei darauf abzielt, ein möglichst hohes Gehalt zu erwirtschaften, ist im Fußballgeschäft der Moderne keine große Überraschung. Dass der effzeh momentan nicht in der Lage ist, einem Spieler mehr als fünf, geschweige denn zehn Millionen Euro an Jahressalär zu überweisen, dürfte ebenfalls klar sein. Dabei ständig auf die astronomischen Summen, die in China verdient werden können, zu verweisen, ist von Seiten des Modeste-Clans vielleicht nichts weiter als billige Preistreiberei, um doch vielleicht noch ein Angebot aus der Premier League oder der Ligue 1 zu bekommen – und somit in Europa zu bleiben. Dass Modeste keine allzu große Lust auf einen Umzug nach China haben dürfte, scheint offensichtlich. Seine Ehefrau Maeva bevorzugt offenbar, mit den beiden Kindern in Köln zu bleiben.

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Heute, am 10. Juli und damit knapp zwei Wochen nach dem ersten Abbruch der Verhandlungen, dreht sich das Karussell so schnell wie noch nie zuvor. Gestern hob der effzeh in Richtung Österreich ab, um sich dort auf die neue Saison vorzubereiten – Modeste war nicht dabei. Der Franzose solle zuhause bleiben und “sich Gedanken über seine Zukunftsplanung und seine Karriere machen”. Bäm, das saß.

Okay, man kann ein Kind, das sich schlecht benimmt, bestrafen. Das sollte man jedoch nur tun, wenn man selbst über jeden Zweifel erhaben ist und nichts zu Schulden hat kommen lassen – ob das für denn effzeh tatsächlich auch gilt, darf bezweifelt werden. Modeste hingegen weigert sich, den Auflösungsvertrag mit dem effzeh zu unterschreiben – anscheinend habe er bereits einen Vertrag bei Tianjin Quanjian unterzeichnet. Das ist nicht kompliziert genug? Achtung, es geht noch weiter!

Foto: Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images

Welche Rolle der chinesische Verband und seine Strafzahlung spielen

Dass der chinesische Fußball den ambitionierten Plan hat, in Zukunft zur Weltspitze zu gehören, ist bekannt. Dafür haben Politik und Wirtschaft erhebliche Summen locker gemacht, um den Fußball in China zu entwickeln und zahlreiche ausländische Stars ins Reich der Mitte zu locken. Das Problem dabei ist: Je mehr Ausländer in der heimischen Liga spielen, desto weniger können chinesische Jugendspieler auf höchstem Niveau spielen – einfachste Mathematik. Darauf ist zwischenzeitlich auch der chinesische Fußballverband gekommen, der dementsprechend eine Steuer auf die Transfersummen ausländischer Spieler erhebt. Was für eine geniale Idee! Die ohnehin komplett ahnungslosen Funktionäre müssen also nun noch mehr rechnen, wenn sie einen Transfer durchführen möchten, wie sich am Beispiel Modeste verdeutlicht: Neben den kolportierten 35 Millionen Euro muss der Verein genauso viel Geld in den heimischen Fußball investieren. Wer hätte das ahnen können!

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Es ist nicht überraschend, dass eine solche steuer- und wirtschaftsrechtlich bestimmt nicht ganz hasenreine Regelung Schlupflöcher aufweist. Genau dies scheinen sich jetzt Tianjin und der effzeh zunutze gemacht zu haben: Wie die SportBild vermeldet, wollten beide die Steuer umgehen. Modeste selbst sollte die 35 Millionen selbst an den 1. FC Köln überweisen, “praktisch als Transfer-Strafe, da er vorzeitig aus seinem Vertrag (bis 2021) aussteigt”. Den Franzosen und seine Berater umtreiben nun die Ängste, dass dieser Betrag auch in Deutschland versteuert werden müsste. Dieses Eisen scheint momentan offenbar zu heiß, weshalb nach wie vor kein Vorzug gemeldet werden kann. Immer noch nicht.

Modeste-Saga auch ein Fall für “FootballLeaks”

Fest steht eines: In Zeiten, in denen nach den Enthüllungen von Football Leaks und dem EIC Werte wie Vertrauen, Transparenz und Nachvollziehbarkeit des so ertragreichen Fußballgeschäfts buchstäblich mit Füßen getreten werden, war es auch nur eine Frage der Zeit, bis der effzeh in ein anscheinend durchaus dubioses Transfergeschäft involviert werden würde. Sollte das oben erwähnte Modell tatsächlich so geplant worden sein, hat sich der effzeh nicht wirklich mit Ruhm bekleckert – genauso wenig übrigens wie Tianjin und Modeste selbst.

Doch kommen wir zurück zum Beginn des Textes: Die unbeschreiblichen Emotionen nach dem Spiel gegen Mainz und der Heiligsprechung von St. Anthony, der allerdings bisher (ungleich zu Christoph Daum) noch keine Kinder segnen durfte, verblassen von Tag zu Tag mehr – dem Orgasmus folgt eine tiefe Depression. Bitte lasst es bald ein Ende finden.

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