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Meinung

Nachholspiel nach Anschlag auf BVB: Falsche Entscheider

Schon schnell war nach der Attacke auf den BVB-Bus klar, dass die Partie gegen die AS Monaco schon am Mittwoch nachgeholt werden soll. Es gibt Gründe, die für diese Entscheidung sprechen. Und es gibt welche, die dagegen sprechen. Das eigentliche Problem an der Sache ist jedoch ein anderes.

BVB-Spieler nach Anschlag
Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images

Doch schon schnell nach der Partie stellte sich die Frage, ob die Mannschaft denn überhaupt noch eine Wahl hatte. „Wir stehen noch am Bus, Bartra wird weggefahren. Und du wirst informiert, dass die Uefa in Nyon entschieden hat“, erklärte Thomas Tuchel nach Spielende. „Wir haben das als sehr ohnmächtig empfunden“, führte der BVB-Trainer weiter aus. Sokratis, der die vollen 90 Minuten für den BVB absolvierte, ließ mit seinem Statement ebenfalls tief blicken: „Wir sind keine Tiere, wir sind Menschen mit Familien und Kindern. Wir sind froh, dass wir noch leben“, sagte der Innenverteidiger. „Es gab in meinem Kopf keinen Raum für dieses Spiel.“ Und auch Nuri Sahin, der wie die gesamte Dortmunder Mannschaft in der zweiten Halbzeit eine gute Leistung aufs Feld brachte, sagte nach der Partie: „Bis zum Anpfiff war bei mir alles im Kopf, aber kein Fußball.“

Mitspielen, nicht Verschieben, das ist hier die Frage

Schon im Tagesverlauf hatten die BVB-Bosse betont, dass es jedem Spieler freigestellt wurde, zu entscheiden, ob er spielen möchte, oder nicht. Doch ist das eben keine allzu freie Entscheidung mehr, wenn bereits am Vorabend festgelegt wurde, dass auf jeden Fall gespielt wird. Am Ende konnten die Spieler offenbar nur wählen, ob sie mitspielen wollen oder nicht. Allerdings nicht, ob überhaupt am Mittwoch gespielt wird.

Es war ein Champions-League-Spiel, der ruhmreichste Wettbewerb von allen. Hätten die Profis nun (teilweise) entschieden, dass sie nicht mitspielen, hätte der BVB eine qualitativ sehr geschwächte Mannschaft aufbieten müssen. Die Chance auf ein Weiterkommen wäre vermutlich deutlich geringer ausgefallen, als sie es nun mit der 2:3-Niederlage ist. Schlussendlich hätten die Spieler sportlich vermutlich noch mehr verloren, als mit den Gedanken im Kopf und dem Schock in den Gliedern auf den Platz zu gehen.

“Wir sind nicht gefragt worden”

„Wir sind nicht gefragt worden“, erklärte Marcel Schmelzer am Mittwochabend. Und der BVB-Kapitän zeigte damit auf, was in diesem von überbordendem Kommerz und gesellschaftspolitischer Bedeutung geprägtem Fußballgeschäft mal wieder schief gelaufen ist.

BVB-Fans nach Anschlag

Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP/Getty Images

Denn es mag ja sein, dass es ein wichtiges Zeichen war, am nächsten Tag auf den grünen Rasen zu treten und so der ganzen Welt zu zeigen, dass man vor Terror nicht einknickt. Auf der anderen Seite hat ja aber auch niemand verlangt, wegen der Vorfälle die komplette Champions-League-Saison abzublasen. Lediglich ein einziges Spiel sollte auf einen späteren Termin verschoben werden, mehr nicht. Ob es direkt ein Zeichen der Schwäche gewesen wäre, diesem Wunsch nachzukommen, ist doch mindestens so zweifelhaft, wie die Tatsache, dass man die persönliche Situation von den wirklich betroffenen Menschen bei der Entscheidung offenbar nicht so richtig miteinbezogen hat. Schließlich wurde sie schon gefällt als die meisten, die dabei waren, noch gar nicht realisiert hatten, was sie da gerade erlebt haben.

War’s das wert?

Was ist nun also wichtiger: Ein von Verband und Politik gewünschtes Signal an die Welt, das diejenigen, die Fußball wirklich zudem machen, was er ist, ja eigentlich mit der #bedforawayfans-Aktion schon am Abend der Attacke gesendet hatten. Oder der Respekt vor denjenigen, die wirklich Opfer des Terrors geworden sind?

„Ich glaube, wir wären alle gerne gefragt worden. Weil es uns passiert – und nicht den Personen, die es im Büro entschieden haben“, fügte Schmelzer übrigens an. So ist es schließlich auch: Summa summa rum mag es einiges geben, das für die Entscheidung spricht. Und mindestens genauso vieles, das gegen sie spricht. Dass sie aber von den Falschen getroffen wurde, ist völlig klar. Und dann muss auch bei differenzierter Betrachtung schlussendlich die Frage erlaubt sein, wie viel ein Signal, das im Gegensatz zur spontanen Gastfreundschaft der BVB-Fans gegenüber ihren plötzlich in Dortmund gestrandeten Gästen aus Monaco nicht das Ergebnis einer freien Entscheidung derjenigen war, die es senden sollten, denn eigentlich noch wert ist.

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